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Laudatio für Dipl.-Ing. Roland Heinisch
 
(Die Laudatio anlässlich der am 7.11.2008 erfolgten Verleihung der Beuth-Ehrenmedaille an Herrn Heinisch wurde im Organ der DMG veröffentlicht in dem Aufsatz
 
  Güldenpenning, Axel:
Jahrestagung 2008 der DMG in Würzburg
ZEVrail Glasers Annalen 133 (2009) Nr. 1/2, S. 4/15, insbes. S. 10/12.
 
Die nachfolgende Wiedergabe erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG, Berlin.)
 
Inhalt der Rede von Herrn Dr.-Ing. Gert Fregien, Mitglied des Gesamtvorstandes der DMG, auf der DMG-Jahrestagung in Würzburg am 7. Nov. 2008 anlässlich der Verleihung der Beuth-Ehrenmedaille
 

 
Herr Heinisch habe im vergangenem Jahr die letzte Voraussetzung erfüllt, um hier den Ehrenpreis der DMG zu erhalten: Er sei in den Unruhestand getreten, was sich schon daran zeige, dass er noch für den Vorstand als Berater tätig sei. Da sein Vater bereits Eisenbahner gewesen sei, war Herr Heinisch Eisenbahner nicht nur von der Pike auf, sondern bereits von der Wiege. Von 1965 bis 1970 studierte er Maschinenbau an der Technischen Hochschule Hannover. Trotz zahlreicher Angebote als Fertigungsingenieur entschied er sich daher, zur Bahn zu gehen.
 
Es sei angebracht, die beeindruckende Karriere von Herrn Heinisch sowie seine herausragenden Leistungen kurz zu skizzieren:
 
Ab 1970 absolvierte er seine Referendarausbildung bei der Bundesbahndirektion Hannover, die er 1972 mit dem Zweiten Staatsexamen abschloss. Nach verschiedenen Stationen, unter anderen als Leiter des Betriebswerks Löhne und als Versuchsingenieur für automatische Kupplungen in Minden, wechselte Roland Heinisch bereits 1975 in die Hauptverwaltung der DB. Dort arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Stab Unternehmensplanung. Maßgeblich wirkte er an dem Projekt Betriebswirtschaftlich optimales Netz (BoN) mit.
 
Bereits zu diesem Zeitpunkt habe die DB von einer seiner wesentlichen Eigenschaften profitieren können: dem Blick über den Tellerrand. Er sei kein Maschinenbauer, der mit Scheuklappen durch die Welt geht und sich ausschließlich für die Technik interessiert, sondern bei ihm musste auch immer die Wirtschaftlichkeit stimmen. Ein stets lösungsorientiertes und vor allem interdisziplinäres Denken habe ihn Zeit seiner Karriere bei der Bahn ausgezeichnet.
 
Dann sei Herr Heinisch zwei Jahre „fremd” gegangen, nämlich zur Firma Siemens. Auch hier galt: Nicht nur die Bahn, sondern auch Siemens konnte während eines kurzen Aufenthaltes in der Unternehmens- und Geschäftsplanung von 1979 bis 1980 von seiner technischen und wirtschaftlichen Expertise profitieren.
 
Ab 1980 stand Roland Heinisch wieder in den Diensten der DB und verantwortete deren strategische Planung und Infrastrukturplanung. Er war Leiter der Gruppe, deren Visionen von Hochgeschwindigkeitsstrecken in den Bundesverkehrswegeplan eingingen. Zusätzlich zu den bereits im Bau befindlichen Hochgeschwindigkeitsstrecken Hannover-Würzburg und Mannheim-Stuttgart schaffte er es 1985 mit seinem Team, vier wichtige Vorhaben für Neubaustrecken mit in den Plan aufnehmen zu lassen: Köln-Rhein/Main, Nürnberg-München, Stuttgart-Ulm sowie Frankfurt-Mannheim. Die beiden erstgenannten Vorhaben konnten bis heute erfolgreich in Betrieb genommen werden. Stuttgart-Ulm ist in der Planung schon weit fortgeschritten, nur Frankfurt-Mannheim steht noch in den Anfangszügen der Planung.
 
Mit welchen Zügen sollten nun diese Hochgeschwindigkeitsstrecken befahren werden? Geplant waren herkömmliche Züge mit Lokomotiven der Baureihe 103. Im Gegensatz dazu habe Herr Heinisch schon damals das Triebzugkonzept favorisiert und habe auch ein Versuchsfahrzeug für diese Zwecke gehabt: den IC Experimental. Dies sei die Geburtsstunde des ICE gewesen.
 
Damit habe Herr Heinisch zugleich die Welt des Fernverkehrs in zwei Fraktionen aufgeteilt: die Triebzug-Fans sowie die Lokomotiv- und Reisezugwagen-Fans.
 
Neben seinem Engagement für das Hochgeschwindigkeitssystem in Deutschland lag ein Schwerpunkt seiner Arbeit in der Erarbeitung eines Konzepts für den europäischen Hochgeschwindigkeitsverkehr gemeinsam mit der SNCF. Einige für das europäische Eisenbahnsystem äußerst wichtige Teilprojekte, wie zum Beispiel die Strecke Paris-Brüssel-Köln/Amsterdam, die heute vom Thalys bedient wird, konnten in dieser Zeit auf den Weg gebracht werden.
 
Nach der Wiedervereinigung holte Heinz Dürr, der damalige Vorstandsvorsitzende, Roland Heinisch 1991 als stellvertretendes Vorstandsmitglied erstmals in den Vorstand der DB. Als Chef der Unternehmensentwicklung und als Leiter der Gruppe „Bahn 21” beschäftigte sich Heinisch mit der Zukunft der Bahn und den notwendigen Rahmenbedingungen für eine zukunftsträchtige Eisenbahn in Deutschland.
 
Dies war sozusagen die Geburtsstunde der Bahnreform. Roland Heinisch unterstützte Heinz Dürr entscheidend bei der Erarbeitung eines Konzepts für die geplante Privatisierung der DB. Lediglich drei Jahre später, 1994 – nach einem schwierigen politischen Prozess – war es soweit: Die Deutsche Bahn AG war Realität geworden.
 
1992 wurde Roland Heinisch zum Vorstand Forschung und Technologie der Bundes- und Reichsbahn mit der Aufgabenstellung ernannt, die 40 Jahre lang getrennten Eisenbahnen in Deutschland wieder zusammenzuführen.
 
Zwei Jahre später übernahm er zusätzlich die Verantwortung für den Bereich Güterverkehr und 1996 als Chef-Innovator der DB die Verantwortung für den Bereich Traktion und das Projekt Magnetbahn. Eine seiner größten Errungenschaften in dieser Zeit sei das Projekt K-Bremssohle zur Lärmreduzierung gewesen. Er habe beharrlich an der Umsetzung der so genannten Flüsterbremse gearbeitet und dadurch der DB und der Umwelt einen großen Dienst erwiesen.
 
Leider habe es auch schwierige Zeiten gegeben. Es galt nach dem schweren Unfall im Jahre 1998 nicht nur nach Verantwortlichen und Schuld zu suchen, sondern vor allem aus diesem tragischen Unglück zu lernen. Etliche Projekte zur Sicherheit wurden gestartet und viele davon nachhaltig umgesetzt.
 
Schon frühzeitig habe sich Roland Heinisch für das Thema Nachhaltigkeit eingesetzt – nicht nur für die DB, sondern auch als Mitglied des „Rats für nachhaltige Entwicklung” der Bundesregierung (RNE), der erstmals 2001 berufen wurde.
 
Von 2000 bis 2006 lenkte er als Vorstandsvorsitzender der DB Netz AG die Geschicke des Bereichs Infrastruktur.
 
2006 wurde Roland Heinisch zum Abschluss seiner Karriere zum Vorstand Systemverbund Bahn ernannt. Dort habe er sich einem Thema gewidmet, das ihm schon immer am Herzen lag: Der integrierte Konzern. Denn die Bahn lässt sich in Anbetracht der extrem anspruchsvollen Interfaces nur als eine unternehmerische Einheit weiterentwickeln.
 
Herr Heinisch könne auf eine lange und herausragende Karriere bei der DB zurückblicken. Er habe viel für die Deutsche Bahn geleistet. Aber nicht nur für die Deutsche Bahn habe er sich eingesetzt, sondern in zahlreichen Gemeinschaftsprojekten mit ausländischen Bahnen und in der Arbeit in internationalen Gremien bei der UIC habe er maßgeblich dazu beigetragen, das europäische Eisenbahnsystem zusammenwachsen zu lassen. Hier sei besonders sein Engagement für das European Train Control System zu erwähnen.
 
Zum Abschluss sei noch folgendes Zitat aus Wikipedia erwähnt: „Mit Erreichen des 65. Lebensjahres schied Roland Heinisch zum 31. August 2007 aus der DB aus. Mit ihm verließ der letzte gelernte Eisenbahner den Konzernvorstand”.
 
Die Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft (DMG) – Forum für Innovative Bahnsysteme – verleiht Herrn Dipl.-Ing. Roland Heinisch in Würdigung und in dankbarer Anerkennung seiner großen Verdienste für die deutsche und europaweite Eisenbahnsystemtechnik, für die Förderung des internationalen Hochgeschwindigkeitsverkehrs und den engagierten Einsatz bei der UIC die Beuth-Ehrenmedaille.
 
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