Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft  
 
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Laudatio für Dr.-Ing. E. h. Hartmut Mehdorn
 
Rede von Herrn Dr.-Ing. Dieter Klumpp, Mitglied des Gesamtvorstandes der DMG, auf der DMG-Jahrestagung in Bremen am 12. Nov. 2010 anlässlich der Verleihung der Beuth-Ehrenmedaille
 

 
Meine Damen und Herren,
 

seit 1899 verleiht die Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft – Forum für Innovative Bahnsysteme – ihre Beuth-Ehrenmedaille. Sie wird an Menschen verliehen, die in besonderem Maße zum Fortschritt des Schienenverkehrs und zur Integration technologischer Innovationen in das Bahnwesen beigetragen haben. Eine Voraussetzung ist aber, dass diese Persönlichkeit nicht mehr im Amt ist.

Der heute zu ehrende Industriemanager und Maschinenbauingenieur wurde – und das ist das Kuriose – während seiner aktiven Zeit bei der Deutschen Bahn mit einem neuen Vornamen versehen – er hieß nicht mehr Hartmut, sondern Bahnchef Mehdorn.

Bevor Herr Dr. Mehdorn den aufregenden Posten als Bahnchef übernahm, konnte er sich in verschiedenen Wirtschaftspositionen darauf intensiv vorbereiten. Was viele nicht wissen: er hat etliche Bücher mit hochaktuellen Themen veröffentlicht oder mit Armin Töpfer herausgegeben. Hier zwei Beispiele:
 
   1994   Besser – schneller – schlanker: TQM-Konzepte in der Unternehmenspraxis
   1995   Total-quality-Management: Anforderungen und Umsetzung im Unternehmen.

Wer seinen Bahn-Lebensweg verfolgt hat, kann mit den Buchtiteln der „Wissenschaftlichen Gesellschaft für Marktorientierte Unternehmensführung” sofort auf seine unternehmerische Grundhaltung schließen, die auch später in der Weiterentwicklung der Deutschen Bahn ihren Niederschlag finden sollte.

• E-Business: Vom Hype zur Werthaltigkeit
• EU-Osterweiterung und Osteuropa
• Interaktives Internet
• Risikomanagement
• Strategische Partnerschaft mit China
• Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit

Zu jedem dieser Titel fällt sofort ein Beispiel zur Weiterentwicklung der DB ein:

• Umfassender Internetauftritt der DB
• Einführung der papierlosen Vorstandssitzungen
• Partnerschaftsvereinbarungen und Kooperationen mit östlichen Eisenbahnen wie denen in Polen oder Russland
• Zugverbindung China – Russland – Berlin
• Einführung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs Frankfurt – Paris
• Zukauf von Unternehmen

Besonders ist der Wiedererwerb von Stinnes zu erwähnen. Das war ein Meisterwerk, denn die Deutsche Bahn wurde damit zu einem international agierenden Logistikunternehmen und dazu nicht nur erfolgreich, sondern auch noch sehr ertragreich.

„Wo gehobelt wird, da fallen Späne” heißt ein Sprichwort, und das charakterisiert Herrn Dr. Mehdorn aus meiner Sicht bestens. Die vielen Aktionen, die der von ihm wachgerüttelte Moloch Deutsche Bahn lostrat, fanden nicht überall Beifall. Zum Beispiel wurde die Einführung von englischen Wörtern in Bahnhöfen, wie „Service-Point” oder „McClean” kritisiert. 2002 war für mich als Mannheimer ein Höhepunkt die folgende Aussage: „Der Fernverkehr muss mehr als 150 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit fahren. Er darf nicht mehr bei jeder Milchkanne anhalten.” Diese Äußerung löste fast einen Volksaufstand in der Region aus.

Herr Dr. Mehdorn hatte Standpunkte und vertrat diese auch deutlich. Das – so glaube ich – hat in Wirklichkeit die Politik an ihm geschätzt! Er hatte die Aufgabe, ein privatisiertes Unternehmen zu führen, und nur der Aufsichtsrat sollte die Richtung vorgeben und nicht die Politik! Fast wäre dies mit der Kapitalmarkt-Privatisierung gelungen, denn der Koalitionsausschuss hatte den Börsengang am 9. November 2006 beschlossen! Der Beschluss war möglich geworden, weil die Politik bewundernd im Mai 2005 zur Kenntnis nahm, dass die Deutsche Bahn AG im Geschäftsjahr 2004 mit einem Gewinn von 253 Mio Euro erstmals ohne direkte Staatszuschüsse schwarze Zahlen geschrieben hat. Leider, wie wir alle wissen, hat 14 Tage vor Vollendung des Börsengangs die weltweite Finanzkrise das Vorhaben verhindert.

Die kämpferische Persönlichkeit mit direkter klarer Ansprache (Sternzeichen Löwe!) hat immer betont: „Diplomat wollte ich nie werden”. Dafür hat er andere Wege eingeschlagen: Er hat über Nacht ein Vorstandsressort „Politik” geschaffen und als erstes einen der Väter der Bahnreform, Klaus Daubertshäuser, motiviert, diese Position anzunehmen. Ihm folgte Otto Wiesheu, ein alter politischer Fuchs! Sie konnten viele politische Wege ebnen, und sie haben ihm den Rücken freigehalten für seine Herzensangelegenheit „Vermeidung der Trennung von Netz und Betrieb”. In seiner Eigenschaft als Ingenieur hat Herr Mehdorn nicht nur die finanziellen Folgen einer Trennung erkannt, sondern er hat das integrierte technische System mit all den feinen Abhängigkeiten im Betrieb vom Oberbau über die Schienenfahrzeuge und die Fahrleitung bis zur Energieerzeugung erkannt und erfahren.

Die vielen positiven Seiten von Hartmut Mehdorn herauszustellen, würde die Laudatio sprengen. Erwähnt seien Sponsoring von vielen Wohltätigkeitsveranstaltungen und die Unterstützung eines Musik-Gymnasiums in Berlin, das der Senat schließen wollte. Ich möchte hier herausstellen, dass er einerseits menschlich integer ist und andererseits auch im Beruf Brücken zu bauen verstand. Persönliche weltweite Beziehungen zu vielen Managern aller Verkehrsgattungen basieren darauf. Und so war es nicht verwunderlich, dass Sie, Herr Mehdorn, 2007 zum Präsidenten der UIC gewählt wurden und die Kooperation der Bahnen weltweit fördern konnten.

Dies war nur ein kleiner Ausschnitt der vielfältigen Aktivitäten für die Deutsche Bahn AG und den Schienenverkehr. Der Vorstand der Deutschen Maschinentechnischen Gesellschaft hat in Würdigung und dankbarer Anerkennung aller Verdienste bei der Weiterentwicklung der Deutschen Bahn AG zu einem ertragreichen und weltweit aktiven Unternehmen und dem überragenden Engagement in europäischen Verbänden zur Kooperation der Bahnen und zur Förderung des internationalen Schienenverkehrs beschlossen, Ihnen, Herr Dr. Mehdorn, die Beuth-Ehrenmedaille zu verleihen.

 
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