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Laudatio für Dr.-Ing. Ulrich Rückert
 
Rede von Herrn Dr. Rainer Schmidberger, Vorsitzender des Beuth-Ausschusses der DMG, auf der DMG-Jahrestagung in Dresden am 14. Okt. 2005 anlässlich der Verleihung des Beuth-Innovationspreises 2004
 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum Ende dieses Jahres werde ich mich aus dem aktiven Berufsleben verabschieden. Daher habe ich nun zum dritten und zugleich letzten Mal die ehrenvolle Aufgabe, einen jungen, zielstrebigen und engagierten Kollegen mit dem Beuth-Innovationspreis auszuzeichnen. Umso mehr freue ich mich, mit Herrn Ulrich Rückert einen Wissenschaftler ehren zu können, der sich um ein Thema von zunehmender Bedeutung – nicht nur für die Deutsche Bahn AG – verdient gemacht hat, ein Thema, das mir überdies selbst sehr am Herzen liegt, war ich doch als Vorsitzender der DB Systemtechnik schon häufig damit befasst: Es handelt sich um das Thema Lärmsanierung und Schallschutz, das Herr Rückert in der vorliegenden Dissertation exakt analysiert und bewertet hat.

Wie kommt ein 32 Jahre junger Mann zu der Beschäftigung mit dieser komplexen Problematik? Ich meine, weil er sich im Zuge seiner gesamten Ausbildung ein breit gefächertes Wissensspektrum angeeignet hat, sich mithin von vornherein auf die Erfassung und Analyse komplexer Zusammenhänge konzentriert und die Einarbeitung in unterschiedlichste Aufgabenstellungen nicht gescheut hat. Herr Rückert ist ein verkehrstechnischer Allrounder erster Güte: Nach seinem Studium der Luft- und Raumfahrttechnik an der Universität Stuttgart und einer Zusatzausbildung im Eisenbahnwesen am Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen absolvierte er ein Werkstattpraktikum bei der Firma Audi. War er sich vielleicht zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz im Klaren darüber, welchem Verkehrszweig er sich mit Leib und Seele widmen wollte, machte er spätestens mit seiner Rückkehr an das Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen an der Universität Stuttgart – zunächst als wissenschaftliche Hilfskraft, ab April 1998 als wissenschaftlicher Angestellter – deutlich, dass sein Herz für den Schienenverkehr schlägt. Bis 2003 blieb er dem Institut erhalten. In der aktuellen Station seines Berufslebens beim Amt der Salzburger Landesregierung in der Fachabteilung Verkehrsplanung schließt sich der Kreis und sein verkehrstechnisches Rundum-Wissen macht sich bei der Weiterentwicklung des Öffentlichen Verkehrs im Land Salzburg bezahlt.

Die vom Beuth-Ausschuss zu beurteilende Dissertationsarbeit „Methode zur wirtschaftlichen Bewertung von Schallschutzmaßnahmen an Eisenbahnen” entstand während Herrn Rückerts Zeit als wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen. Herr Rückert verfolgt mit dieser Arbeit das Ziel, die Eisenbahn als umweltfreundlichen und ressourcenschonenden Verkehrsträger zu stärken und die öffentliche Akzeptanz einer Steigerung des Eisenbahnverkehrs zu erhöhen. Schienenlärm ist ein Problem von hoher Aktualität, da das Ruhebedürfnis der Bevölkerung von Städten und Gemeinden an Bahnstrecken immer mehr zunimmt. Ruhe ist aber an dieser Stelle nicht erste Bürgerpflicht, vielmehr ist die Eindämmung von Schallemissionen die Verpflichtung aller Eisenbahnbetreiber in Europa. Aus diesem Grund sind Schallschutzmaßnahmen auch zentrales Thema für das Umweltbundesamt und die EU. Voraussetzung für die Reduzierung von Schienenlärm ist die Entwicklung eines Verfahrens zur wirtschaftlichen Lärmsanierung des Bestandsnetzes unter besonderer Berücksichtigung des Güterverkehrs. Mit Fokus auf der Minimierung von Schallschutzkosten unter Einhaltung der geforderten Grenzwerte hat Herr Rückert hierfür Handlungsoptionen aufgezeigt.

Herr Rückert beleuchtet in seiner Arbeit zunächst die Ursachen des eisenbahntypischen Rollgeräuschs als Hauptquelle für den von Anrainern wahrgenommenen Schienenlärm und nimmt eine ausführliche Analyse und Bewertung der Möglichkeiten für Schallschutz bei Eisenbahnen vor. Sodann stellt er den gesetzlichen Rahmen mit allen Bestimmungen zu Schall-Berechnungsverfahren, Immissionsgrenzwerten und der Finanzierung von Schallschutzmaßnahmen vor und untersucht sorgfältig die technisch-wirtschaftliche Einsetzbarkeit der schallrelevanten Bauteile zur Lärmminderung. Unter Zugrundelegung des dreidimensionalen Berechnungsverfahrens nach Schall 03 entwickelt er schließlich ein Modell, welches erlaubt, den Zusammenhang zwischen Emissionspegel, Emissionsgrenzwerten und den Kosten verschiedener Schallschutzmaßnahmen zu beschreiben. Es ist ihm mit diesem Modell gelungen, ein hohes Maß der in der Realität vorliegenden Bedingungen zu erreichen, wobei die ermittelte Datengrundlage unter Berücksichtigung verschiedenster Randbedingungen eine Hochrechnung auf alle Strecken erlaubt, die künftig saniert werden müssen. Damit ist eine Anwendung des Modells bis hin zu strategischen Aussagen für das gesamte Streckennetz der Deutschen Bahn AG und deren Lärmminderungsprogramm möglich. Für vier Referenzgebiete hat Herr Rückert im letzten Abschnitt seiner Arbeit die schalltechnischen Berechnungen durchgeführt, die Folgekosten ermittelt und Hochrechnungen auf das deutsche Streckennetz vorgenommen sowie verschiedene Handlungsszenarien abgeleitet.

Das von Herrn Rückert entwickelte Modell ermöglicht es, durch die Kombination der wirtschaftlichsten Maßnahmen Handlungsempfehlungen für eine effiziente Umsetzung der Lärmsanierung abzuleiten. Dabei wurde zugunsten eines qualitativ höherwertigen Schutzes der Betroffenen neben einer Orientierung an den niedrigsten Sanierungskosten auch eine stärkere Gewichtung auf aktive Schallschutzmaßnahmen gelegt.

Die Arbeit von Herrn Rückert zeichnet sich insbesondere durch ihren stark innovativen Charakter aus, der aus der Zusammenführung sehr vieler genau analysierter Basisbausteine und ihrer sehr komplizierten Anwendung auf verschiedene Siedlungsgebiete an Bahnstrecken herrührt. Dem von Herrn Rückert entwickelten Modell liegt damit ein wohldurchdachter und systematischer Prozess zugrunde, der die Arbeit deutlich von anderen guten Hochschularbeiten abhebt.

Ich freue mich daher, lieber Herr Rückert, Ihnen heute den Beuth-Preis 2004 verleihen zu können. Nehmen Sie Ihn als Anerkennung für eine hervorragende wissenschaftliche Leistung, mit der Sie nicht nur Ihre umfassende Kompetenz und Ihr analytisches Verständnis für die behandelte Thematik unter Beweis gestellt haben, sondern auch einen Impuls in einer Zeit gesetzt haben, in der es nichts so nötig bedarf wie Innovationen als Triebfeder für Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlichen Aufschwung!

 

 
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