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Laudatio anlässlich der Beuth-Preisverleihung 2014
 
Rede von Herrn Dipl.-Ing. Hans Peter Lang, Vorsitzender des Beuth-Ausschusses der DMG, auf der DMG-Jahrestagung in Hannover am 10. Okt. 2014 anlässlich der Verleihung des Beuth-Innovationspreises 2013
 

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich freue mich in diesem Jahr besonders über die Verleihung des Beuth-Preises, gibt es doch diesmal zwei hervorragende Arbeiten zu prämieren. Und ich möchte mich auch hier gleich bei dem Verein zur Förderung der Schienenfahrzeugtechnik Hannover für die Förderung des Preisgeldes bedanken. Zunächst möchte ich Ihnen die Masterarbeit von Herrn Stefan von Mach vorstellen.

In der Verkehrstechnik sind Energieeinsparung und Reduzierung der CO2-Belastung heute zentrales Thema der Entwicklungsarbeit. Ein Schlüsselthema dabei ist elektrischer Fahrbetrieb. Wenn aber in der Öffentlichkeit über elektrischen Fahrbetrieb gesprochen wird, so steht das Elektroauto im Zentrum des Interesses und das, obwohl der Anteil elektrisch betriebener Kraftfahrzeuge gemessen am Gesamtbestand verschwindend gering ist. Vergessen wird hingegen, dass die elektrische Traktion im Schienenverkehr seit mehr als 100 Jahren betriebliche Praxis ist und dass heute der überwiegende Teil der Verkehrsleistung der Schiene elektrisch gefahren wird. Dennoch gibt es heute und wird es auch künftig nicht elektrifizierte Strecken geben. Um auch hier die Vorteile elektrischer Traktion wie lokal emissionsfreies Fahren, hohen Wirkungsgrad und Rekuperation der Bremsenergie erschließen zu können, arbeitet die internationale Schienenfahrzeugindustrie an modernen Hybrid- oder Batteriefahrzeugen. Erst kürzlich wurde in Japan von der JR East eine Flotte von Batteriefahrzeugen für den Einsatz im Regionalverkehr übernommen.

Die Masterarbeit von Herrn Stefan von Mach mit dem Titel „Ein Konzept für neue Züge auf nicht elektrifizierten Strecken des SPNV” nimmt sich genau dieses Themas an. Aufgabe dieser Arbeit war es, aufzuzeigen, inwieweit ein modernes Batteriekonzept den aktuellen betrieblichen und wirtschaftlichen Anforderungen genügt. Spezielle Betriebssituationen wie das Aufladen auf elektrifizierten Teilabschnitten oder das Zwischenladen an speziell ausgerüsteten Verkehrshalten waren zu bewerten. Es galt, die technische Umsetzung, die Integration des batteriegestützten Elektroantriebes in ein vorhandenes Fahrzeugkonzept zu betrachten sowie betrieblich nutzbare Reichweiten verschiedener Batterietechnologien unter Berücksichtigung verschiedener Ladevorgänge zu ermitteln. Zum Aufgabenumfang gehörte auch ein Kostenvergleich zwischen konventionellem Dieselfahrzeug und dem Batteriefahrzeug in Herstellung und Betrieb. Und schließlich galt es, ausgehend von Alter und technischer Ausrüstung der Bestandsflotten einen potenziellen Fahrzeugbedarf abzuleiten. Eine insgesamt sehr umfassende Aufgabenstellung. Es geht hier also schlicht um die Beurteilung der Marktreife von Batteriefahrzeugen mit dem heutigen Stand der Technik und unter den Randbedingungen heutiger betrieblicher Anforderungen.

Herr von Mach analysiert zunächst die Rahmenbedingungen wie Elektrifizierungsgrad des Netzes, den Anteil für den Batteriebetrieb relevanter Strecken sowie die Herstellungskosten von Regionaltriebwagen. Er widmet sich dann einer detaillierten Marktanalyse unterschiedlicher Batterieformen. Bewertet werden hierbei die für Batteriefahrzeuge relevanten Kenngrößen wie Energiedichte, Kapazität und Ladungszyklen. Weiterhin wird das Marktpotenzial batteriebetriebener Fahrzeuge untersucht und der europaweite Bedarf an Neufahrzeugen anhand von Marktrecherchen abgeschätzt.

Anschließend wird ein Realisierungs- und Betriebskonzept dargestellt. Die Vorzugslösung wird anhand einer Nutzwertanalyse ermittelt, anhand einer Sensitivitätsbetrachtung werden die Ergebnisse validiert. Die Eignung des Batteriefahrzeugkonzeptes wird dann auf der Grundlage eines konkreten Streckenprofils geprüft, der Energieverbrauch simuliert und unterschiedliche Ladekonzepte wie Batterietausch oder Teilladen an speziell ausgestatteten Stationen geprüft.

Anschließend widmet sich Herr von Mach den wirtschaftlichen Aspekten des Einsatzes von Batteriefahrzeugen. Daher werden sowohl die Herstellkosten des Batteriefahrzeuges wie auch die Betriebskosten anschaulich dargestellt. Unterschieden wird dabei der Kostenanteil, der unabhängig vom Antriebskonzept anfällt, von dem Teil, der dem Antriebskonzept zuzuscheiden ist. Es werden auch die erforderlichen Investitionen für eine umfassende netzweite Elektrifizierung dargestellt, dabei wird deutlich, dass diese Investitionen nicht für alle rein im Regionalverkehr betriebenen Strecken zu rechtfertigen sind.

Stefan von MachIn einer Schlussbetrachtung werden noch einmal die Vorzüge und die Einsatzmöglichkeiten eines Batteriefahrzeuges unter den heute gültigen Rahmenbedingungen dargestellt. Besonders interessant sind die sehr aufwendig erstellten Anhänge zur Arbeit. Hier finden sich Informationen und Grundlagen zur Nutzwertanalyse, zu einer SWOT-Analyse, die der Beurteilung verschiedener Batteriesysteme dient, Detailbetrachtungen zu Streckennetzen ausgewählter Bundesländer als Grundlage für die Ermittlung des Marktpotenzials. Die Anhänge enthalten weiterhin vertiefende Informationen zur Marktreife von Batterietechnologien, aber auch ausführliche Untersuchungen von Regionalverkehrslinien im Hinblick auf geeignete Einsatzfelder. Hier zeigt sich, mit wie viel Aufwand und Engagement die Arbeit erstellt wurde.

Die Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft – Forum für Innovative Bahnsysteme – hat daher auf Vorschlag des Beuth-Ausschusses beschlossen, Herrn Stefan von Mach einen Geldpreis von 1.000 € zuzuerkennen. Herr von Mach, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Arbeit und freue mich, Ihnen den Beuth -Innovationspreis verleihen zu können.
 



 

Ich möchte Ihnen nun die Arbeit unseres zweiten Preisträgers, Herrn Jochen Greiner, vorstellen. Die Diplomarbeit „Simulation von Klimaanlagen in Schienenfahrzeugen” von Herrn Greiner befasst sich mit der zuverlässigen Funktion von Klimaanlagen in Schienenfahrzeugen. Klimaanlagen haben eine hohe Bedeutung für das Wohlbefinden von Reisenden, insbesondere bei druckdicht ausgeführten Fahrzeugen führt die Nicht-Funktion der Klimatisierung nicht nur zu unzufriedenen Fahrgästen, sondern zum Teil zu erheblichen betrieblichen Einschränkungen.

Klimaanlagen für Schienenfahrzeuge sind für deren Hersteller allerdings eher ein Nischenprodukt. Hohe Stückzahlen werden bei Klimaanlagen für Automobile oder in der Gebäudetechnik erreicht, dies hat zur Folge, dass die Simulationskompetenz für das Gesamtsystem „Klimaanlage - Fahrgastraum” auch herstellerseitig durchaus entwicklungsfähig ist. Genau hier setzt die Diplomarbeit von Herrn Greiner an.

Im Rahmen der Ertüchtigung der ICE 2-Klimaanlagen, die nach mehreren spektakulären Ausfällen im heißen Sommer 2010 überarbeitet wurden, hatte sich die DB Systemtechnik das Ziel gesetzt, eine Modelldatenbank mit den Parametern aller für die DB relevanten Klimaanlagen aufzubauen, um bei grundlegenden Störungen mittels Simulation zeitnah Fehleranalysen und Abhilfemaßnahmen erstellen zu können. Aufgabe der Diplomarbeit war es nun, quasi in einem ersten Schritt ein Simulationsmodell von Klimaanlage und Fahrgastraum des ICE 2 aufzubauen und mittels Berechnung Ausgangssituation und Optimierungsmaßnahmen in Betriebs- und Stresssituationen zu bewerten.

Beginnend mit einer Beschreibung der normativen Grundlage für Auslegung und Bewertung von Klimaanlagen sowie der Funktionsweise von Kompressionskältemaschinen wird der konkrete Aufbau der ICE 2-Klimaanlagen und die Funktion der Hauptbaugruppen erläutert. Es schließt sich eine leicht verständliche Beschreibung der verwendeten Simulationssoftware und der im Modell berücksichtigten Komponenten des Kältekreislaufs an.

Bei der eigentlichen Simulation werden stationäre Verhältnisse in einem Betriebspunkt analysiert. Zunächst werden die Rechenergebnisse des Nennzustandes mit den entsprechenden Daten des Herstellers verglichen. Es werden die entscheidenden Bewertungskriterien herausgearbeitet, besondere Bedeutung hierbei hat die mögliche Überschreitung des Druckgrenzwertes beim Verdichterenddruck. Wird dieser Wert überschritten, erfolgt die sogenannte Hochdruckabschaltung der Anlage mit der Konsequenz, dass keine Kühlleistung für den Innenraum bereitgestellt wird. Diese Ausfallsituation war ursächlich für die Probleme des ICE 2 im Sommer 2010.

Ausgehend von den Rechenergebnissen des Nennzustandes werden dann äußere Randbedingungen wie Fahrgeschwindigkeit und Sonneneinstrahlung variiert. Es schließen sich Ausfall- und Stresssimulation an. Dabei werden Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit im Innenraum, der Besetzungsgrad verändert und die Verschmutzungssituation des Verflüssigers, beispielsweise durch Pollenflug oder Herbstlaub, berücksichtigt. An den Steuerwagen des ICE 2 konnte aufgrund ungünstiger Strömungsverhältnisse die Situation entstehen, dass am Verflüssiger ausgeblasene, erwärmte Luft am Lufteintritt wieder angesaugt wird. Bei diesem sogenannten thermischen Kurzschluss besteht wiederum die Gefahr der Hochdruckabschaltung mit der Konsequenz des Anlagenausfalls.

Auch diese Situation wurde rechnerisch nachvollzogen. Nachdem im realen Betrieb aufgetretene kritische Situationen nachvollzogen werden konnten, werden nun die Optimierungsmaßnahmen rechnerisch bewertet. Es wird die Wirksamkeit der Drehzahltrennung von Lüfter und Verdichter nachgewiesen, die durch Einbau zusätzlicher Wechselrichter erreicht wird. Auch im Stresstest und unter ungünstigen Randbedingungen wie Außentemperaturen von mehr als 40 °C kann mit dieser Maßnahme die kritische Hochdruckabschaltung vermieden werden. Gleichzeitig steigt die Unempfindlichkeit gegenüber unvermeidbarer Verschmutzung der Verflüssiger. Zur Vermeidung von thermischen Kurzschlüssen am Steuerwagen werden die Strömungsverhältnisse durch Anbringen von Leitblechen verändert, auch für diese Maßnahme kann die Wirksamkeit mit Hilfe der Simulation nachgewiesen werden.

Dipl.-Ing. Jochen GreinerDie in der Diplomarbeit untersuchten und im Hinblick auf ihre Wirksamkeit bewerteten Umbaumaßnahmen wurden zwischenzeitlich in der Flotte umgesetzt. Der Erfolg dieser Umbauten konnte sowohl in der Klimakammer als auch in der Praxis des betrieblichen Alltags nachgewiesen werden. Ein schöner Erfolg für die hier beschriebene Arbeit. Neben dieser praxisnahen Maßnahmenuntersuchung hat die Diplomarbeit aufgezeigt, welchen hohen Wert die Simulation der Eigenschaften von Klimaanlagen für die Störungsanalyse und die Bewertung von Abhilfemaßnahmen hat. Zusammen mit der Klimakammer in Minden steht der Deutsche Bahn AG nun ein Verfahren zur Verfügung, mit dem Probleme mit der Klimatisierung von Schienenfahrzeugen schnell und erfolgssicher behoben werden können. Auch hierfür hat die Diplomarbeit von Herrn Jochen Greiner einen wertvollen Beitrag geleistet.

Die Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft – Forum für Innovative Bahnsysteme – hat daher auf Vorschlag des Beuth-Ausschusses beschlossen, Herrn Dipl.-Ing. Jochen Greiner einen Geldpreis von 1.000 € zuzuerkennen. Herr Greiner, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Arbeit und freue mich, Ihnen den Beuth-Innovationspreis verleihen zu können.

 

 
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