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Laudatio für Prof. Dr. Schraut
 
(Die Laudatio anlässlich der am 10.10.2014 erfolgten Verleihung der Beuth-Ehrenmedaille an Herrn Prof. Dr. Schraut wurde im Organ der DMG veröffentlicht in dem Aufsatz
 
  Güldenpenning, Axel:
Jahrestagung 2014 der DMG in Hannover
ZEVrail 139 (2015) Nr. 1/2, S. 44/56, insbes. S. 53/55.
 
Die nachfolgende Wiedergabe erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Georg Siemens Verlag GmbH & Co. KG, Berlin.)
 
Inhalt der Rede von Herrn Dr.-Ing. Dieter Klumpp auf der DMG-Jahrestagung in Hannover am 10. Okt. 2014 anlässlich der Verleihung der Beuth-Ehrenmedaille
 

 

Einleitend berichtete der Laudator, dass er zunächst in Google gesucht habe und dabei auf circa 30 Veröffentlichungen über Getriebe gestoßen sei. Da liege der heute zu Ehrende ganz im Trend, habe er doch viele Jahre für und mit Getrieben gearbeitet. Der Dipl.-Ing. und Dipl.-Wirtschaftsingenieur war an der RWTH Aachen am „Institut für Getriebetechnik und Maschinendynamik” tätig. Sein Promotionsthema lautete: „Ein Beitrag zur Berechnung der Gestellschwingungen periodisch übersetzender Getriebe”.

Als er 1979 in die Industrie, zur Waggonfabrik Uerdingen AG wechselte, hatte er eine Bilderbuchkarriere an der RWTH gemacht: wissenschaftliche Hilfskraft, wissenschaftlicher Angestellter, Oberingenieur, Akademischer Oberrat und damit Beamter auf Lebenszeit.

Doch in der Waggonfabrik Uerdingen warteten als Leiter „Entwicklung und Berechnung” spannendere Themen auf ihn. Sein Betätigungsfeld wuchs ständig an. Zu seinem ursprünglichen Aufgabengebiet kam die Hauptabteilung „Strategische Projekte Vollbahnfahrzeuge” dazu; die Hauptabteilung „Konstruktion und Entwicklung Vollbahnfahrzeuge” wurde angedockt. Dann wurde er Leiter des Unternehmensbereichs „Vollbahnfahrzeuge” bei der DUEWAG AG.

Sie beide seien sich etwa in der Mitte der 90er Jahre erstmals begegnet. Wie das so ist in der Bahnbranche, muss man Veränderungen immer positiv gegenüberstehen. Siemens hatte sich in dieser Zeit bei der DUEWAG AG eingekauft, die ehemalige Krupp Verkehrstechnik war eingegliedert. Rolf Schraut hat dann das Geschäftssegment „Vertrieb Dieseltriebwagen Welt” übernommen.

Am 2. Juli 1996 wurde er von der RWTH Aachen zum Honorarprofessor ernannt, denn er habe neben seinen beruflichen Herausforderungen stets jungen Studenten seine Erfahrungen in Form von Vorlesungen weitergegeben und sie technisch auf das Berufsleben vorbereitet. Am 1. Oktober 2002, also sechs Jahre später, ist Professor Dr. Rolf Schraut bei Siemens Transportation Systems in den Vorruhestand gegangen, in welchem er u. a. den Wunsch seiner Kinder für die Übernahme der Bauleitung an deren Haus erfüllt habe. Einmal zugunsten der eigenen Familie tätig zu werden, sei eine Bereicherung für jeden Techniker.

Neben seiner Vita interessieren aber ganz besonders auch die technischen Highlights seines Berufslebens. Hierzu zählen unter anderem:

Die Entwicklung unkonventioneller Drehgestelle
Einzelrad-Doppelfahrwerk (EDF): In Kooperation mit Professor Frederich (RWTH Aachen) und dem BZA Minden habe der zu Ehrende die Entwicklung eines EDF mit den Einzelaktivitäten Konstruktion, Bau, Zulassung und Erprobung betrieben. Beim EDF sind zwei hintereinander liegende, einzeln aufgehängte Räder zu einem Radblock zusammengefasst. Rechter und linker Radblock sind jeweils über dreieckförmig angeordnete Träger und ein Gelenk im gegenüberliegenden Langträger des Fahrwerksrahmens gelagert. Im Vergleich zu herkömmlichen Drehgestellen zeichnet sich dieses Fahrwerk aus durch eine geringere Masse, eine bessere Spurführung, einen niedrigeren Verschleiß und somit durch eine höhere Wirtschaftlichkeit. —
Zwei komplett ausgerüstete und voll einsatztaugliche EDF wurden unter einem IC-Großraumwagen 2. Klasse in umfangreichen Fahr- und Bremsversuchen getestet und durch das BZA Minden zugelassen. Die für den Hochgeschwindigkeitsverkehr (310 km/h) ausgelegte Bremsanlage wurde aus Kostengründen im Hinblick auf den IC-Betriebsversuch zunächst nur für eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h zugelassen. Im anschließenden längeren Betriebseinsatz mit einer Laufleistung von fast 1 Mio. km konnte das EDF seine Zuverlässigkeit und Betriebstauglichkeit nachweisen.
Spurwechselfahrwerke: Für den Einsatz in Niederflur-Stadtbahnfahrzeugen, zum Beispiel für die umsteigefreie Verbindung zwischen dem normalspurigen DB-Netz und Stadtbahnnetzen mit abweichender Spurweite, hat Rolf Schraut Spurwechselfahrwerke konzipiert.

Schwungradspeicher als Antriebselement für Schienenfahrzeuge
Um Erfahrungen zu sammeln, wie man bei Dieseltriebwagen Energie speichern kann, hat Rolf Schraut in Kooperation mit dem Institut für Kraftfahrwesen der RWTH Aachen die Konzipierung eines solchen Fahrzeugs und der Antriebsanlage erarbeitet sowie die rechnerische Simulation der Fahrleistungseigenschaften und eines Betriebeinsatzes vorgenommen.

Dynamik von Schienenfahrzeugstrukturen in Aluminium-Integralbauweise
Zur Ermittlung der dynamischen Eigenschaften von Schienenfahrzeugstrukturen in Aluminium-Integralbauweise hat Rolf Schraut eine rechnerische Analyse mit der Methode der Finiten Elemente sowie eine messtechnische Modalanalyse zur Evaluierung der Rechenergebnisse vorgenommen.

Entwicklung von Fahrzeugen für den Hochgeschwindigkeitsverkehr
Im besonderen Maße habe sich Rolf Schraut um den ICE 1 verdient gemacht. Zum großen Teil im Rahmen der Forschungsgemeinschaft Rad/Schiene habe er an der Entwicklung von Fahrzeugen für den Hochgeschwindigkeitsverkehr mitgearbeitet. Diese umfasste die Bereiche Konzepterarbeitung, Versuchsfahrzeug 1, ICExperimental, ICExpress 1 und die Entwicklung einer Alternative aus Stahl zur Aluminium-Integralbauweise.

Entwicklung des Dieselleichttriebwagens RegioSprinter
Mit der Bahnreform und der damit verbundenen Regionalisierung des Nahverkehrs entstand ein neuer Bedarf und Markt für Nahverkehrsfahrzeuge. Es entstand der Wunsch nach einem Fahrzeugkatalog, aus dem man in Übereinstimmung mit den einzelnen Pflichtenheften Fahrzeuge auswählen konnte. Hierfür hat Rolf Schraut den RegioSprinter entwickelt.
Der Triebwagen ist unter anderen durch folgende Charakteristika gekennzeichnet: Einmannbedienung, maximale Bremsverzögerung nach BOStrab, Leichtbauweise, durchgehend niedriger Fußboden, stufenlose breite Einstiege, Einstiegsrampe und Stellplatz für Rollstühle, Aluminium-Leichtbau, verbrauchs- und schadstoffarme Motoren, Mehrfachtraktion mit bis zu vier Einheiten, automatisches Kuppeln und Entkuppeln, Einsatz im Mischverkehr nach EBO, Übergang vom Vollbahnnetz ins Stadtbahnnetz („Zwickauer Modell”).

Persönliche Würdigung

Der Laudator habe während dieser Zeit Herrn Professor Schraut als einen Eisenbahnfachmann mit umfassenden Kenntnissen, überaus seriösem Agieren, beispielhafter Verlässlichkeit, hohem Verantwortungsbewusstsein und bemerkenswerter Beharrlichkeit kennen- und schätzen gelernt.

Tätigkeiten in der und für die DMG

Rolf Schraut ist seit 1982 Mitglied der DMG und war Mitglied des DMG-Ausschusses „Leichtbau der Verkehrsfahrzeuge” seit dessen Gründung im Jahre 1981 bis etwa 1995. Er war Leiter der Bezirksgruppe West von 1995 bis 2009 und hat während dieser Zeit unter anderem die Jahrestagungen Köln 1999, Essen 2004 und Bonn 2007 organisiert. Er ist stellvertretender Leiter der Bezirksgruppe seit 2009. Die Betreuung des Internetauftritts und die Pflege der Mitgliederdatenbank nimmt er seit 2004 wahr. Er ist Mitglied des Kuratoriums bzw. Stiftungsrats der DMG-Krienitz-Stiftung seit 2007, 2008 wurde er zu dessen Vorsitzendem gewählt.

Die DMG verleiht Herrn Professor Dr.-Ing. Rolf Schraut in Würdigung und dankbarer Anerkennung seiner besonderen Verdienste um
•   die Entwicklung unkonventioneller Drehgestelle und die Konzipierung von Spurwechselfahrwerken für den Einsatz in Niederflur-Straßenbahnen
•   die Entwicklung, den Bau und die Inbetriebnahme des Dieselleichttriebwagens RegioSprinter und dessen Betriebseinsatz nach dem „Zwickauer Modell”
•   das hervorragende und langjährige Engagement für die DMG
die Beuth-Ehrenmedaille.
 
Ehrenmedaillenträger Prof. Dr. Schraut
 
Prof. Dr.-Ing. Rolf Schraut (links) empfängt die Verleihungsurkunde aus der Hand des Ersten Vorsitzenden der DMG.
 
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